Es ist eine eigenwillige Kombination: Maria und Maria aus Magdala eilen nach den spektakulären Erfahrungen am leeren Grab gleichzeitig voll Furcht und mit großer Freude zu den Jüngern. Beides treibt sie an: Furcht und Freude! Das Erlebnis hat offenbar eine ganze Bandbreite innerer Regungen ausgelöst. Und das ist nachvollziehbar, denn die Worte und Bilder, die den außergewöhnlichen Vorgang dieses Morgens beschreiben, sind so, dass auch allen Hörern dieses Berichtes klar ist: es gibt ein Vorher und ein Nachher! Da ist etwas so Anderes geschehen – danach ist nichts mehr wie zuvor.

Die zwei Marias waren im Gegensatz zu den geflohenen Jüngern bei der Kreuzigung dabei gewesen, hatten Jesus sterben sehen. Am anderen Morgen versuchen sie nun zu verstehen oder zu realisieren, was da geschehen ist. Sie erhoffen Klarheit und gehen zum Grab. Die letzte Ruhestätte ist bis heute für trauernde Menschen ein Ort, an dem die Nähe des Verstorbenen inniger ist, tiefer gespürt werden kann. Hier haben Fragen und das eigene Antwortsuchen Platz. 

Und dann bebt plötzlich die Erde, die Welt gerät aus den Fugen, die Anwesenden verlieren den Boden unter den Füßen… Das Bild dieses drastischen Naturereignisses ist in der Tradition der Heiligen Schrift ein Zeichen für die Gegenwart Gottes. Die Realität gerät ins Wanken. Es erscheint ein Engel. Vom auferstandenen Jesus ist zunächst gar nicht die Rede, sondern eine himmlische, weiße Lichtgestalt wälzt den Stein weg und setzt sich darauf. Gott zeigt seine Macht – und da schwankt dann auch der Boden unseres Verstehens. Im Bild des Erdbebens wird klar: Was Auferstehung wirklich ist und bedeutet, entzieht sich unserer vertrauten Wirklichkeit, überschreitet unsere Möglichkeiten des Begreifens. Der irdische Boden reicht nicht, ist zu wackelig. Unser hand-festes Wissen ist nicht genug.

Gottes Eingreifen zeigt bei allen Beteiligten große Wirkung, allerdings eine unterschiedliche. Die Wächter sind so erschrocken und erschüttert, dass sie „wie tot“ werden. Die Angst hat sie erstarren lassen. Die erlösende Botschaft des Engels können sie nicht mehr hören. Dass Jesus neu ins Leben gerufen wurde, erreicht sie nicht. Ihre Furcht blockiert, lähmt, siegt.

Anders die beiden Frauen: Sie lassen sich vom Engel ansprechen. Dieser Bote Gottes dringt zu ihnen durch. Sie hören seinen Hinweis: „Fürchtet euch nicht!“ und können die Hand ergreifen, die er ihnen hinhält mit den Worten: „Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten sucht.“ Sie fühlen sich erkannt und mit ihrer Sehnsucht wahrgenommen und verstanden. Das erlaubt ihnen, dem Unmöglichen zu trauen. Das macht sie innerlich bereit, die starren Gesetze der Welt zu verlassen. Sie inspizieren nicht das Grab. Sie suchen keine Beweise, sondern Jesus.

Und ihr Vertrauen trägt Früchte: Sobald sie dem Auftrag folgen, kommt Jesus ihnen entgegen! Vielleicht ist das so im Glauben an Gott: Er ist immer ein Sprung ins Ungewisse – begleitet von Freude und Furcht!

Von Herzen ein frohes Fest der Auferstehung des Herrn! Gesegnete Ostern!   Lydia Bölle