Den Gottesdienst am Pfingstfest feiert Dr. Dominik Heringer aus Mainz mit unserer Gemeinde! Dazu lade ich sehr herzlich ein! Einige Gedanken zum Heiligen Geist und zu diesem ganz besonderen Fest können darauf einstimmen.
Pfingsten beginnt ängstlich. Die Jünger sind auf der einen Seite noch ganz erfüllt von der Auferstehung ihres Freundes. Sie haben ihn sehen, anfassen und auch mit ihm sprechen dürfen. Dabei hat Jesus ihr Vertrauen gewonnen, so dass seine engsten Begleiter nun an seine bleibende Gegenwart glauben können – auch wenn die Art und Weise seines Daseins ganz anders ist als vorher. Auf der anderen Seite gibt es noch keine konkrete Form dafür, wie sie jetzt weiter gehen sollen – ohne ihn. Das macht sie unsicher und auch etwas scheu. Es braucht einen neuen Impuls, der sie verstehen lässt, dass sie selbst jetzt die „Jesusse“ – oder eben „Christen“ – der Welt sein dürfen. Wie das Pfingstgeschehen genau vor sich ging, ist natürlich nicht zu rekonstruieren. Aber es hat eine Wirkung, die den Geschmack von Krönung, Vollendung oder Komplettierung hat. Denn mit dem Pfingstfest wird die dreifache Berufung des Menschen sichtbar: die zum Mensch-sein, zum Christ-sein und zum Jünger-sein.
Die Jünger haben Gott nun in dreifacher Gestalt kennengelernt: als Gott Vater, als Sohn Jesus und als Heiligen Geist. Und diese „Dreifaltigkeit“ hat sich in der Gestaltung des kirchlichen Lebens durchgesetzt: Vater – Sohn – Hl. Geist, Mensch – Christ – Jünger, ich – du – wir, Weihnachten – Ostern – Pfingsten, Taufe – Erstkommunion – Firmung. Im Kirchenjahr, aber auch im persönlichen Glaubensleben geht es darum, diesen „Dreischritt“ zu leben:
Meine erste Sendung ist die, ein guter Mensch zu werden. Zuerst einmal bin ich Geschöpf. Ich bin ich und darf mein Menschsein annehmen und üben. Den Wunsch Gottes, im Menschen leben zu wollen, feiern wir an Weihnachten. Gott erweist sich als Schöpfer und Vater. Und das bezeugen wir in der Taufe, indem wir Kind Gottes werden.
Meine zweite Sendung ist die, ein Christus-Freund, eben ein Christ, zu werden. In Jesus haben wir ein ansprechbares Du. Den Wunsch Gottes, unser Begleiter und Bruder auf Augenhöhe sein zu wollen – und zwar im Leben und im Tod –, das feiern wir an Ostern. Und bei der Erstkommunion nehmen wir das erste Mal die konkrete Einladung Jesu an und setzen uns als Freund an seinen Tisch.
Meine dritte Sendung ist die, ein Jünger, ein Nachfolger zu werden. Am Pfingstfest wird deutlich, dass Gott sich auch als Ver-sammler, als verbindender Geist, als „Zwischen-uns“ zeigt. Seinen Wunsch, als „Wir“, als Gemeinschaft zu leben, den feiern wir heute. Und die Zugehörigkeit zu dieser Kirche, dem Jüngerkreis, die bekennen wir in der Firmung.
Diese dreifache Berufung wiederholen wir im Kirchenjahr immer wieder, weil es nicht ausreicht, sie als Gedanke zu verstehen. Sie will immer wieder neu erobert und gelebt sein. So vergewissern wir uns, dass alle drei Aufträge wichtig sind und die eine Sendung nicht ohne die andere auskommt. Wir werden unser Mensch-sein dauernd vertiefen müssen. Auch Jesus als Freund und Begleiter in unser Leben zu lassen, braucht Übung. Und um nicht nur einen sehr individuellen Glauben hinter verschlossenen Türen zu leben, sondern uns auf andere einzulassen und sie mitzutragen, benötigen wir ebenfalls mehr als einen Versuch.
Ein gesegnetes Pfingstfest mit viel gutem, heiligem Geist! Lydia Bölle