Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott
und das Wort war Gott.

Alles ist durch das Wort geworden
und ohne es wurde nichts, was geworden ist.

Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.

Sie gehören für die meisten von uns einfach dazu, stehen selbstverständlich unter dem Weihnachtsbaum oder auf dem festlich geschmückten Gabentisch: neben dem neugeborenen Jesuskind sind es Maria und Josef, Ochse und Esel, Hirten und Schafe, Engel und Könige – friedvoll in Hamonie beieinander.
Aber das Weihnachtsevangelium am 1. Feiertag vermeidet diese idyllischen und lieblichen Bilder. Johannes beginnt seine Erzählungen über das Leben Jesu mit einer sehr theologischen Betrachtung. Er berichtet nicht über die Geburt Jesu, er deutet sie. Er bezeugt, was Jesus seinem innersten Wesen nach ist: Gott, der Mensch geworden ist, genauer: Fleisch! Ein besonders brisanter, auch provozierender Ausdruck! Denn zur geistigen Strömung seiner Zeit gehört auch die Annahme, dass alle Materie minderwertig und vergänglich ist. Das gilt in besonderer Weise für den menschlichen Leib, denn der besteht ja nur aus Fleisch und Blut. Deshalb wird Jesus nach Ansicht vieler seiner Zeitgenossen wohl kaum richtiger Mensch gewesen sein. Als göttliches Wesen konnte und durfte er dieser Vergänglichkeit nicht unterworfen sein. Genau da hinein behauptet Johannes: Das Wort ist Fleisch geworden! Das ist das Geheimnis des Weihnachtsfestes.
Das zu verstehen und zu glauben, darum ringen die Christgläubigen aller Zeiten: Dass Gott nicht in die Welt gekommen ist, um mit Worten Lösungen für alle möglichen Probleme der Menschen anzubieten. Er möchte mit ihnen Gemeinschaft haben – sogar bis in den Tod. Er will so sein wie sie. Das bedeutet: Er ist zwar keiner von uns, sondern von Gott, aber einer mit uns. Nichts und niemand kann diese Mit-Menschlichkeit wieder zurücknehmen. Gott hat sich gebunden an uns – unwiderruflich. Wer und wie Gott ist, ist nur durch Jesus zu verstehen. Alles, was er in seinem Leben als Mensch angenommen und durchlitten hat, hat er – in Einheit mit seinem Vater – auch geheilt, befriedet und versöhnt. Darum haben Angst und Not, obwohl sie noch mächtig sind, nicht mehr das letzte Wort. Das letzte Wort ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein“, sagt Jesus. Es ist eine Gemeinschaft, wie sie von Anfang an zwischen Gott und den „Kindern Gottes“ angelegt war.
Damit diese – zugegeben eher abstrakt klingende – Botschaft oder auch innere Erkenntnis nicht einfach nur ein Gedanke bleibt, braucht es mehr als ein Weihnachtsfest. Wir brauchen die fortdauernde Gemeinschaft derer, die mit Hand und Fuß, also leib-haftig Gott bezeugen. Das versuchen wir in St. Rafael – immer wieder neu!