Immer dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, passiert es: der Fön, der Wecker, die Waschmaschine oder der Pürierstab geben ihren Geist auf! Sehr ärgerlich! Verwunderlich ist allerdings, dass wir diese Redewendung in der Regel nur dann benutzen, wenn es sich um ein Gerät oder einen Apparat handelt. Wir stellen mit diesem Satz fest: Etwas hat bis dahin funktioniert und ist jetzt kaputt! Eigentlich seltsam. Seltsam, dass wir ausgerechnet von einem Gerät, von einem bloßen Produkt sagen, es habe seinen Geist aufgegeben. Dabei handelt es sich bei dieser Sorte Geist lediglich um einen von zwei möglichen Zuständen, nämlich „an“ oder „aus“, ja oder nein, „läuft“ oder „läuft nicht“. Ein sehr schlichter Geist. Heilig ist der wohl kaum – auch wenn er darüber Auskunft gibt, ob etwas heil ist oder nicht!
Keine Vielfalt, Facetten oder Nuancen, keine Zwischentöne, Variationen, kein Farbenspiel – nichts von all dem, was die Jünger als Geschenk empfangen und erlebt haben! Der Geist, um den es sich bei dieser Gabe handelt, der ist das Gegenteil von einer Haltung, die nur schwarz oder weiß, richtig oder falsch, gut oder böse kennt. Dieser Geist trennt gerade nicht, sondern vereint, verbindet. Er spaltet nicht, sondern überwindet scheinbar unüberwindbare Grenzen.
Spätestens an Pfingsten wird klar: Wir brauchen sie. Unter uns. Über uns. Neben uns: die Gotteskraft aus der Höhe – und zwar geschenkt! Denn diesen Schatz, der in zerbrechlichen Gefäßen durch die Welt getragen wird, nämlich in jedem von uns, den können wir nicht machen und nicht einfach irgendwo abholen. Wir müssen uns darauf verlassen, dass Gott selbst uns – im wahrsten Sinne des Wortes – auf den Geist geht. Er macht uns zu Geistreichen und Geistesgegenwärtigen, auch wenn wir vielleicht nicht immer danach aussehen oder uns selbst so fühlen. Er sorgt dafür, dass wir nicht den Geist aufgeben und uns nicht die Puste ausgeht. Diese Hoffnung feiern wir am Fest der Geistsendung!
Denn das darf die Kirche nicht bleiben oder werden: eine GmbH, eine Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung! Die Erinnerung an den Tag ihrer Geburt, damals in Jerusalem, in der Runde der Jesus-Freunde und -Vertraute, muss uns wachrütteln – und gleichzeitig beruhigen. Angesichts des schwindenden Vertrauens in und zur Kirche ist es unser aller erster Auftrag, hoffnungsvolle und vertrauenswürdige Menschen zu werden oder zu sein. Dazu müssen wir sprechen, uns kennenlernen, einander Zweifel und Wünsche anvertrauen. Geist ist nur erfahrbar, wo die verschiedenen Sprachen und Stimmen auch tatsächlich erklingen. Stumm oder mit nichtssagenden Floskeln werden wir keine Kirche! Heiliger Geist braucht Raum, wo er sich ereignen kann. Wenn wir uns nicht auseinandersetzen, brauchen wir uns erst gar nicht zusammenzusetzen.
Der vielfache Vertrauensverlust in der Kirche zeigt sich zuweilen dort, wo sie keine geist-reichen Antworten hat oder gibt auf bedrängende Konflikte. Vor allem zeigt er sich aber darin, dass sie immer weniger danach gefragt wird, immer seltener um Rat und Hilfe gebeten wird. Ihre Bedeutung schwindet, ihre Deutungshoheit ist längst verloren. Bezogen auf die Institution Kirche ist das vermutlich sogar gesund. Aber den Geist Jesu unter uns zu retten, das muss unser Herzensanliegen bleiben. Bitten wir gemeinsam darum!
Lydia Bölle